Von Aswan mit der Fähre in den Sudan

Nach einer richtigen guten Nacht im Old Cataract Hotel geht’s am nächsten Morgen auf die berüchtigte Fähre. Kamal bringt uns zum Hafen, wo bereits ein regelrechtes Durcheinander und Gedränge herrscht. Alles was man sich vorstellen kann wird in den Sudan transportiert: Von Äpfeln über Backofen bis hin zu 14-Zoll-Uralt-Röhrenbildschirm kommt alles an Bord. Wenn man die Menge an Waren auf dem Quai sieht, dann die rund 500 Menschen dazu, und das in Relation mit der Grösse des Schiffs setzt, bekommt einen ein ungutes Gefühl.

Zum Glück kennt Kamal hier jeden. Mit VIP-Behandlung geht’s im Schnellzugstempo durch den Hafen. Obwohl wir an keiner Schlange anstehen müssen, dauert es eine Stunde, bis wir beim Schiff sind. Dort gehts dann richtig los. Ein unsägliches Gedränge herrscht. Rund 10 Minuten dauert der Kampf, bis die paar Meter zwischen Schiffseingangstür und Treppe zum Oberdeck überwunden sind. Von allen Seiten wird rücksichtslos gedrängelt, geschubst, geschimpft, geschrien. Ungefähr so stelle ich mir die Situation kurz vor einer Massenpanik vor. Doch dann ist es geschafft. Die First Class Kabine entspricht auf westlicher Skala etwa einer ausrangierten Kabine dritter Klasse. Schmutz ist der Vorname und die AC bläst Luft mit derartigem Schimmelgeruch aus, dass diese lieber ausgeschaltet bleibt. Aber man ist wenigstens aus dem Gedränge raus. Das Verladen der unsäglich vielen Waren dauert dann auch einige Stunden. Als ich mich nach Ablegen auf Deck wage, verschlägt es mir auch fast den Atem: Vom Deck ist gar nichts zu sehen. Waren über Waren. Meterhoch. Dazwischen Gänge von 30 bis 40cm breite, zum Durchgehen gedacht, in denen aber teilweise Menschen sitzen oder liegen. Menschen und Waren überall, sogar die Rettungsboote sind gefüllt. Ich klettere (über Waren und Menschen) zu meinen Freunden, welche keine Kabine reserviert haben und sich auf Oberdeck einen abgesperrten Bereich „gemietet“ haben. Dort geniessen wir dann einen lauen Abend bei klarem Sternenhimmel und einem gegärten Traubensaft, den unsere portugiesischen Freunde (deren Auto ging am Samstag auf die gleiche Barke wie meines) an Bord geschmuggelt haben.

An Bord sind ungefähr 20 Ausländer. Nebst unserer Gruppe, welche mit eigenen Fahrzeugen unterwegs ist, sind auch ein paar Fussgänger dabei, welche mit öffentlichen Verkehrsmitteln reisen. Am meisten beeindrucken mich aber zwei Chinesen und ein Kanadier, welche mit dem Fahrrad unterwegs nach Südafrika sind…

Nach einer Nacht an Bord legen wir am nächsten Mittag in Wadi Halfa an. Mazar, unser Mann in Wadi Halfa, steht schon am Pier bereit und hilft uns beim Verlassen des Schiffs und den Einreiseformalitäten. Leider gibt’s aber die Fahrzeuge erst am nächsten Tag. Und so müssen wir die erste Nacht in einem Hotel verbringen. Es ist das Beste in der Stadt, trotzdem würde es in Europa wohl nicht einmal einen halben Stern erhalten. Aber egal, wir sind ja nicht nach Afrika gekommen, um eine Fünf-Sterne-Tour zu machen.

In Wadi Halfa ist es recht warm, um nicht zu sagen heiss. Es sind  41 Grad. Am Schatten. Den gibts aber kaum in der kargen Landschaft. In der Nacht kühlts dann ab auf ca. 28 Grad. Und es weht ein leichter Wind. Dieser erinnert mich an einen Haarföhn auf der mittleren Stufe. Nach einer unruhigen, von Hitze und Moskitos geprägten Nacht, geht’s am nächsten Tag in den Hafen. Die Bürokratie ist auch hier beachtlich, aber nicht ganz so schlimm wie in Ägypten. Nach vier Stunden warten kommt Mazar mit der guten Nachricht: Wir dürfen aus dem Hafengelände herausfahren. Sudan, wir kommen :-)

 

Das „Flüchtlingsschiff“ wird beladen …

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… bis es völlig überladen ist

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Diese beiden Herren wollen unbedingt, dass ich ein Photo von ihnen mache

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Auf dem exklusiv „gemieteten“ Platz herrschte eine einigermassen erträgliches Raumgefühl

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4 Gedanken zu “Von Aswan mit der Fähre in den Sudan

  1. Hello Lukas,

    great route you are travelling through! I am organizing nearly the same road through Africa, and therefore I would contact you to ask a few questions to have the most up-to-date infos. How could I reach you?
    Take care and enjoy your ride,

    Laci

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