Sudan, Sand und Hitze

Nachdem wir am frühen Nachmittag aus dem Hafen herausfahren dürfen, geht’s noch am gleichen Tag los Richtung Khartoum. Wir sind froh, Wadi Halfa hinter uns lassen zu können. Denn diese nach der Erstellung des Nasser-Stausees künstlich erbaute Siedlung besitzt den Charme eines Steinbruchs und die Infrastruktur einer Barackensiedlung.

Obwohl von Wüste geprägt, durchfahren wir im Norden Sudans sehr malerische Gegenden. Wir werden an die unglaublich schönen Landschaften in der schwarzen und weissen Wüste in Ägypten erinnert. Gerne würden wir in freier Natur übernachten, ein aufziehender Sandsturm lässt uns jedoch von diesem Vorhaben abrücken und wir versuchen, die nächste Stadt zu erreichen und auf dem Innenhof eines Hotels zu übernachten. Dank einer frisch geteerten, perfekten Strasse – den Chinesen sei Dank – kommen wir gut voran und schaffen es am ersten Tag bis nach Kerma, ca. 50Km nördlich von Dongola. Nach dem anstrengenden Tag und der unruhigen letzten Nacht ist ein guter Schlaf garantiert…

Am nächsten Morgen kommt die Überraschung: Die sandige Zufahrtsstrasse zum Schlafplatz hat sich in der Nacht mit ca. 30cm Wasser, woher auch immer dieses kommen mag, gefüllt. Das Wasser bildet mit dem Sand eine schlammigen Masse. Aber ich muss da durch, es gibt keinen anderen Weg. Selbstverständlich streikt dazu genau heute der 4×4 meines Taxis. Und so kommt es wie es kommen muss: Das Taxi steckt. Vorwärts, Rückwärts, viel Gas, wenig Gas – das Taxi bleibt stecken. Ich überlege mir, ob ich das erste Mal auf dieser Reise die Sandbleche einsetzen soll. Die Vorstellung, wie ich und meine Kleider wohl aussehen werden, wenn ich das Auto im Schlamm anheben und die Sandbleche unterlegen soll, lässt mich diese Idee aber schnell wieder verwerfen. Nach gefühlten 50maligem Vor- und Zurücksetzen bekommt dann plötzlich eines der Hinterräder Traktion und das Taxi schiesst, Differentialsperre sei Dank, aus dem Schlamm heraus auf festen Untergrund. Ist gerade nochmals gut gegangen…

Die weitere Reise Richtung Khartoum ist vor allem von zwei Dingen geprägt: Hitze und Sand. Mit einem der beiden muss man sich arrangieren: Bei voll geöffneten Fenstern lässt sich die Innentemperatur bei voller Fahrt zwar auf ca. 42 Grad herunterkühlen, dafür hat man ständig Sand in den Augen, zwischen den Zähnen, in den Ohren und sowieso überall im Taxi. Schliesst man die Fenster, kommt zwar nur noch wenig Sand über die Lüftung rein, dafür steigt die Temperatur im Taxi auf 48 Grad. Ein bisschen neidisch bin ich auf meine portugiesischen Freunde mit ihrem Dodge mit Klimaanlage.

Unterwegs schauen wir uns die Pyramiden von Karima und Meroe an und einige weitere archäologische Fundstellen. Die hohen Temperaturen verhindern aber ein genussvolles Reisen und so beschliessen wir, schnellstmöglich nach Khartoum weiter zu reisen, wo wir im German Guesthouse übernachten. Dort gibt’s einen schönen Pool, klimatisierte Zimmer und Norbert, der deutsche Besitzer, kann behilflich sein, im streng islamischen Sudan ein kühles Becks aufzuspüren (jedoch zu Preisen, welche selbst in Zürich als astronomisch gelten würden).

Von Khartoum bin ich recht überrascht: Die Stadt macht einen modernen, sauberen und gepflegten Eindruck. Es gibt Verkehrsregeln, die beachtet werden und an der roten Ampel wird tatsächlich gestoppt. Es gibt eine Shopping-Mall nach westlichem Standard mit allem Drum und Dran. Es gibt einen Supermarkt in der Grösse eines MMM-Migros, man bekommt frische Milch, zwei Dutzend verschiedene Käsesorten und es gibt Lindt&Sprüngli-Schokolade. Überhaupt muss ich beim Reisen durch dieses Land immer wieder kopfschüttelnd an die zahlreichen „Sudan-Experten“ denken, welche mich mit erhobenem Zeigefinger vor diesem Land gewarnt haben, selber aber natürlich noch nie in diesem „gefährlichen Pflaster“ waren.

Nach zwei Tagen in Khartoum geht’s in Richtung sudanesisch-äthiopische Grenze. Die deutschen Freunde mit ihren beiden Trucks bleiben in Khartoum zurück, um eine dringende Reparatur an der Hinterachse zu machen, und so fährt mein Taxi bis nach Äthiopien alleine weiter. Die erste Etappe führt nach Al-Qadarif, ca. 150Km vor der Grenze. Es ist der heisseste Tag seit ich die Schweiz verlassen habe und wahrscheinlich auch der heisseste in meinem bisherigen Leben: Die 30-Grad-Marke wird um 8 Uhr morgens geknackt, die 40-Grad-Marke um 11 Uhr und um 14 Uhr haben wir 45 Grad am Schatten. Dies ist dann auch der Moment, wo mein Thermometer den Geist aufgibt. Es zeigt nur noch kryptische Zeichen an…

Am nächsten Morgen geht’s früh auf zur Grenze. Bereits um 09.30 bin ich dort. Die Bürokratie auf sudanesischer Seite dauert etwa eine Stunde. Alle Daten werden von Hand in dicke, schmuddelige Bücher eingetragen. Danach geht’s weiter zur äthiopischen Seite. Welch ein Gegensatz: Im modern eingerichteten Immigration Office werden die Fingerabdrücke elektronisch erfasst, mittels einer Webcam das Gesicht digitalisiert und alle Daten in einen Computer eingetragen. Nach 30 Minuten am Zoll steht mein Taxi bereits in Äthiopien.

 

Pyramiden von Karima und Meroe im Norden des Sudan

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Zusammenfluss des Weissen und Blauen Nils in Khartoum

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Gemüsestand am Strassenrand in Khartoum

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Gegensätze in Khartoum: unmotorisiertes Fischerboot und Skyline …

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… und Männer die sich im Nil waschen mit einem 5-Sterne-Hotel im Hintergrund

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2 Gedanken zu “Sudan, Sand und Hitze

  1. Vielen Dank, es war jetzt interessant über die perverse Sachen zu erfahren, sowohl die Temperaturen als auch die Aussicht armer Menschen mit 5-Sterne-Hotel-Hintergung.
    Also, du bist schon in Ethiopien?

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