Die letzten paar Tage in Zambia sind hauptsächlich von Niederschlägen geprägt. Meist um 15.00, manchmal auch mit ein bisschen afrikanischer Verspätung, starten Blitz, Donner und sintflutartige Regenfälle. Gemütliches Campen sieht anders aus, und so verschwinde ich in trockenere Gegenden. Namibia, meine nächste Destination besteht fast ausschliesslich aus Halbwüste. Und obwohl auch dort die Regenzeit beginnt, hoffe ich auf mildere Niederschläge.
Der Grenzübertritt in Katima Mulilo, dem Grenzort im äussersten Osten Namibias, verläuft zügig. Carnet stempeln, Pass stempeln, Ebola-Fiebermessung und schon bin ich drin im Land. Schon kurz nach der Einreise wird anhand der vorbildlich an den Strassenrändern beschilderten Distanzangaben zu den nächsten Städten klar: Namibia ist ein riesiges Land und die zu bewältigenden Strecken sind gewaltig. Das Land ist grösser als die Schweiz, Österreich, Deutschland und Italien zusammen. Und in jeder Ecke des Landes gibt es Dinge, für die es sich lohnt, hinzufahren um sie anzuschauen. Das hat den Effekt, dass man hier mehr als in anderen afrikanischen Ländern am Steuer sitzt. Und dass man auch öfter zur Zapfsäule muss, denn zweimal die Woche muss ich dem durstigen Taxi jeweils 150 Liter Diesel spendieren. Zum Glück ist dieser mit einem knappen Franken pro Liter gut an den Verbrauch und somit ans Budget angepasst.
Meine Reise führt mich zuerst in den Norden Namibias. In den berühmten Ethosha-Nationalpark, der sich jedoch – verglichen mit der Masai Mara in Kenya oder der Serengeti in Tanzania – wie ein Kinderzoo ansieht. Danach geht’s ganz in den Norden, an die angolanische Grenze, zu den Epupa Falls. Der Kunene River, der über die Fälle tost, kommt aus Angola. Dort muss es wohl auch geregnet haben, hat der Fluss doch kurzerhand die Campsite unter Wasser gesetzt. Dafür sind die Wasserfälle spektakulär und das Wasser kommt auch dort runter, wo es normalerweise trockener als in der Sahara ist.
Abgesehen von den tosenden Wasserfällen gibt’s noch eine andere Sehenswürdigkeit in Epupa: Südafrikanische Camper. Ja, es sind südafrikanische Sommerferien und Namibia, das gemeinsam mit Botswana, Swaziland, Lesotho und Südafrika eine Zollunion bildet, scheint sich als Feriendestination für viele „abenteuerlustigen“ Südafrikaner zu eignen. Da wird dann ein ganzes Taxi von unten bis oben, von vorne bis hinten und natürlich auch auf dem Dach vollgepackt mit allem Möglichen, was so zwingend notwendig für einen Zelturlaub ist. Riesig-Safarizelte für mindestens die Doppelte Verwandschaft, Dieselgenerator, Wäscheständer und Ventilator zum Beispiel. Weil nicht alles in das grosse Taxi passt, wird meist noch ein Anhänger mitgezogen, der auch vollstgepackt ist. Mit der ganzen Ausrüstung wird dann das mobile Heim in stundenlanger Aufbauarbeit nachgebaut, um es nach zwei Tagen in stundenlanger Abbauarbeit wieder einzupacken. Das ganze Spektakel verfolge ich amüsiert auf meinem bequemen, in kürzester Zeit aufgestellten Faltsessel. Und meine Hose, die an einer Schnur zwischen zwei Bäumen hängt, ist am nächsten Morgen genauso trocken wie diejenige auf dem Wäscheständer.
Meine weitere Route führt mich Richtung Südwesten. Das erste Mal seit Dar es Salaam in Tanzania geht’s wieder ans Meer, diesmal an den Atlantik. Mit der Fahrt Richtung Meer wird die sowieso schon spärlich bewachsene Steppe noch karger und auf den letzten einhundert Kilometern vor der Küste wächst gar nichts mehr. Erst ist die Landschaft noch steinig-bergig, danach gehört sie ganz den Sanddünen. Bereits weit vor Erreichen der Küste werden die Sinne getäuscht. Immer hat man das Gefühl, in höchstens ein bis zwei Kilometern sei das Meer erreicht. Man kann das Blau sehen und sogar die Umrisse der Brandung, bis sich beim Näherkommen alles als sandige Illusion entpuppt. Ohne die Hilfe des GPS, welches die tatsächliche Entfernung des Meeres verrät, würde man unweigerlich auf diese Fata Morgana hereinfallen.
Dann ist der Atlantik erreicht. Aber es ist nicht dasselbe Meer wie noch in Ostafrika. Dieses hier ist wild und eiskalt. Meterhoch sind die Wellen, die Wassertemperatur beträgt gerade mal 12 Grad und sorgt für ein eisiges Klima. Trotz brütender Sonne ist es nachmittags nur 17 Grad warm. Vor zwei Stunden warens noch 20 Grad mehr. Ich friere. Zum ersten Mal seit dem Besuch der Simien-Mountains in Äthiopien ziehe ich nach Sonnenuntergang Pullover, Faserpelz und Winterdaunenjacke an. Die steinsandige Wüstenlandschaft ohne einen einzigen Grashalm, das wildtosende Meer, der ständig wehende kalte Wind und die niedrigen Temperaturen, dazu eine Campsite mit dem Charme einer Polarforschungsstation, lassen einen das Gefühl haben, man halte sich eher bei 70 Grad nördlicher Breite denn bei 22 Grad südlicher auf.
Weiter geht’s nach Swakopmund und Walfisbay, zwei Küstenstädten. Dort fühle ich mich erstmals wieder wie in Europa: Es gibt Nebel, am Morgen weckt mich das Glockengeläut einer nahestehenden Kirche und die Strassen heissen nicht Zambezi-Drive oder Ngong-Road, sondern Hafenstrasse oder Ludwig-Koch-Strasse. Zudem ist der weisse Mensch hier an der Tagesordnung. Während in den zuvor bereisten Ländern Afrikas die Weissen oft nur vorübergehend im Land lebten und meist eine Managerrolle innehatten, gibt es hier in Namibia eine grosse weisse Minderheit, die seit vier bis fünf Generationen im Land lebt, Europa nur aus dem Fernsehen kennt und in ganz normalen Berufen tätig ist. Wirtschaftlich scheint es Namibia gut zu gehen – die meisten Häuser sehen ordentlich aus, Bettler gibt’s weniger als in Zürich und in der Hauptstadt Windhoek fahren die neusten BMW, Audi und Jaguar-Modelle auf den Strassen herum.
Die nächsten Tage fahre ich durchs Land Richtung Süden. Es geht vorbei an traumhaften Landschaften, über luftige Gebirgspässe, durch gelbgrünes Farmland, entlang rostroten Dünen, die bei Sonnenuntergang feuerrot leuchten, durch sandige Steppen und trockene Flussbetten. Ich besuche Sossusvlei mit seinen mehrere hundert Meter hohen Dünen, Lüderitz, die wohl deutschste Stadt auf diesem Planeten, und den Fish River Canyon, den nach dem Grand Canyon zweitgrössten Canyon der Welt.
Dann ist meine Zeit in Namibia leider abgelaufen. Ich muss weiter. Vier Länder und eineinhalb Monate liegen noch vor mir. Nun geht’s erstmals nach Botswana, durch den Transfrontier-Park mit dem Zungenbrechernamen: Kgalagadi.
Fantastische Aussicht auf dem Waterberg
Im Etosha-Nationalpark, dessen Camps einen sehr europäischen Stil haben
Im Ethosha ist es heiss und trocken
Die märchenhaften Epupa-Fälle im Norden des Landes
Auch in Namibia gibt es noch sehr ursprüngliche Volksgruppen
Die Hauptattraktion Namibias ist seine malerische Landschaft
Der Skeleton-Nationalpark im Küstenstreifen des Atlantischen Ozeans
Den Ozean sieht man auf diesem Bild nicht – es ist nur eine Fata Morgana
Im Skeleton-Nationalpark scheint alles tot zu sein …
… dafür sind Fels und Sand noch eindrucksvoller
Der Atlantik ist erreicht – diesmal ist es keine Fata Morgana
Unendlich zieht sich die Küstenwüste hin
Die einzigen wirtlichen Orte sind zwei Campsites, die den Charme von Polarforschungsstationen haben
Die Robben scheinen das garstige Klima zu lieben
Der Brandberg – Namibias höchstes Gebirge
Spitzkoppen-Campsite – mit einer solchen Aussicht steht man am Morgen gerne auf
In der Wüste gibts doch Leben!
Sandwich-Harbour bei Walvisbay – eine skurrile Landschaft mit Meer und Dünen
Die Dünen um Sossusvlei gehören zu den höchsten der Welt …
… und erstrahlen bei Sonnenuntergang in einem fantastischen Licht
Windhoek – eine so gar nicht afrikanische Stadt
Schloss Duwisib – mitten in der Wüste hat sich ein Kolonist seinen Traum erfüllt
Auch die Städtenamen erinnern an die ehemalige Kolonialmacht
Kolmanskuppe – eine Geisterstadt der Minenarbeiter …
… deren über 100-jährige Gebäude dank trockenem Wüstenklima noch nicht verfallen sind
Turnhalle und Theatersaal
Eisschrank
Und natürlich auch eine Kegelbahn
Auch Lüderitz ist sehr deutsch – nicht nur der Name
Der Atlantik bei Lüderitz ist besonders stürmisch
So stürmisch, dass die Brücke zum Diazpoint weggespült wurde
Auch dieses Schiff hats nicht geschafft
Der Oranje-River – ganz im Süden des Landes – …
… mit seiner spektakulären Landschaft
Der Fishriver-Canyon – der zweitgrösste Canyon der Welt
Wie immer auf deiner Reise hast du deine beeindruckenden Erlebnisse in noch traumhafteren Bildern festgehalten. Deine Ausführungen sind immer lesenswert und informativ.
Gruss Sammi
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Das ist ja wie ein langes Buch mit abenteuerlichen Geschichten, in welches ich mich immer wieder versinke…Das ist einfach traumhaft, wie du das ganze beschreibst, und welche richtige Wörter & Bilder immer findest!! Danke dir für diese Zeilen!!!
P.S.:
Hat eigentlich diese Frau auf dem erst folgenden Bild an ihrem Hals Blut?
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Hach, wieder ein Bericht zum träumen…
Danke Lukas!
Gruss
jonas
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Ich bin shcon gespannt auf deine nächste Ausgabe!
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