Djibouti, dies ist das Ziel meines zehntätigen Ausflugs. Djibouti, den meisten Europäern wohl kaum ein Begriff, ist ein winziges Land am Horn von Afrika. Erstmals aufgetaucht in den westlichen Medien ist es vor ein paar Jahren, als die EU dort ihre Basis für die Atalanta-Mission eingerichtet hat, jener Mission, welche die zivilen Frachtschiffe vor der Küste Ostafrikas gegen Übergriffe somalischer Piraten schützen soll. Diese Mission passt wohl nicht ganz allen und am Tag, als ich mein Djibouti-Visum in Addis abholen kann, sprengt sich in Djibouti ein Selbstmordattentäter in einer hauptsächlich von westlichen Soldaten besuchten Bar in die Luft. Mit einem doch etwas mulmigen Gefühl verlasse ich zwei Tage später aber doch Addis in Richtung Djibouti…
850 Kilometer lang ist die Fahrt von Addis nach Djibouti, zwei Tagesreisen sollen es sein. Wobei ich den ersten halben Tag damit verbringe, dem Verkehrschaos Addis‘ und seiner Agglomeration zu entfliehen. Sobald dies aber geschafft ist und sich der Verkehr etwas gelichtet hat, beginnt die Fahrt zügig zu werden. Das Hochland Äthiopiens ist bald hinter mir und damit beginnt die Landschaft flacher zu werden und die Temperaturen steigen. Es geht vorbei an traditionellen Afar-Dörfern mit ihren ursprünglich gekleideten Menschen.
Die Addis-Ababa-Djibouti-Strasse ist die Hauptversorgungslinie für das Binnenland Äthiopien. Jedes Deodorant, jeder Turnschuh und jeder Liter Diesel wird über diese Strasse transportiert. Kurzum alles, was Äthiopien mit seinen knapp 90 Millionen Einwohnern importiert, findet den Weg über diese Strasse. Nebst mir sind deshalb auch vor allem LKWs auf dieser Strecke unterwegs. Auf ein Auto kommen rund 70 bis 80 LKWs, entgegenkommend hauptsächlich mit einem Schiffscontainer oder mit Brennstoffen beladen. In meiner Richtung sind die LKWs meistens leer und nicht wenige machen Huckepack: Ein LKW hat seinen eigenen Anhänger oder aber einen anderen LKW geladen. Es ist beeindruckend zu sehen, wie ein Land über eine einzige Strasse versorgt wird und welche gigantische Logistikindustrie dies mit sich zieht.
Am Abend übernachte ich dann auch mit dutzenden von Truckern auf einer Raststätte kurz vor der Grenze zu Djibouti. Wir sind nur noch wenige hundert Meter über Meer und es ist wieder heiss. Fast so heiss wie im Sudan. Ich will mich unbedingt Duschen. Für 15 Franken miete ich ein günstiges Zimmer mit Dusche und WC. Aber Duschen geht nicht. Es gibt zwar Wasser, aber wie in Addis, wieder ohne Temperaturwahl. Und diesmal ist das „kalte“ Wasser so heiss, dass ich mich verbrühe. Wahrscheinlich steht der Wassertank an der Sonne. Auch die Zimmertemperatur bekomme ich trotz Ventilator und offenen Fenstern nicht unter 35 Grad. Ich flüchte ins auch nicht viel kühlere Taxi und verbringe eine unruhige Nacht. Zu dem Zeitpunkt ahne ich glücklicherweise noch nicht, welche Temperaturen mich in Djibouti erwarten werden …
Der Grenzübertritt nach Djibouti am nächsten Tag verläuft ohne Probleme. Ca. 45 Minuten auf äthiopischer Seite und rund 15 Minuten auf djiboutischer Seite. „Bienvenu“ ist hier das Stichwort. Und ich merke schnell, dass meine Französisch(un)kenntnisse nur für das allernötigste reichen. Auf jeden Fall reichen Sie nicht aus, den korrupten Bullen an der ersten Polizeikontrolle mit seinem Wunsch nach einem „Pourboire“ zu verstehen. Auch ein weiteres Zusammentreffen mit der lokalen Polizei, nachdem ich in falscher Richtung durch eine Einbahnstrasse gefahren bin, lässt sich mit einem „Do you speak english“ auf rasche und unbürokratische Weise lösen.
Als erste Sehenswürdigkeit steht der Lac Abbé auf meinem Programm. Dieser Salzsee befindet sich in einer menschenleeren Mondlandschaft. 70 Kilometer übelster Piste führen dorthin. Zuviel für mein rechtes Hinterrad. Nach halber Strecke hisst der Reifen die weisse Fahne und mit lautem Zischen macht sich die gesamte Luft aus dem Staub. Das ganze geht blitzschnell, noch bevor das Taxi still steht, zeigt die Druckluftanzeige 0.0 Bar an. Ein ca. 2 cm langer Schlitz klafft auf der Lauffläche, zu gross für mein Reifenflickzeug. Also heisst es Radwechseln. Bei praller Sonne und 39 Grad am Schatten (den es nicht gibt) eine schweisstreibende Arbeit. Die Piste wird noch mörderischer und ich mache mir Sorgen um die restlichen Reifen, schliesslich habe ich nun nur noch einen Ersatzreifen. Zur Sicherheit reduziere ich den Druck in allen Reifen um die Hälfte. Das hilft und ich erreiche den See und den Übernachtungsplatz ohne weitere Probleme. Der See mit seinen skurrilen Felsformationen und ein wunderbarer Sonnenuntergang in einer absolut stillen, menschen- und lichtleeren Gegend kompensieren für die Strapazen des Tages.
Am nächsten Tag geht’s in die Hauptstadt. Djibouti Stadt macht eher den Eindruck eines grossen Dorfes mit einem überdimensionierten Hafen. Und hunderten von äthiopischen Trucks, die auf die Ankunft des nächsten Containerschiffs oder Tankers warten. Und Soldaten – aus Deutschland, Frankreich den USA und aller Herren Länder. Die Anwesenheit der uniformierten Herren und teilweise auch Damen ist es dann auch, welche das Preisniveau Djiboutis in astronomische Höhen treibt. Für ein Sandwich im Restaurant bezahle ich 8 Franken und ein einfaches Abendessen schlägt mit 25 Franken zu buche. Rund fünf mal mehr als in Äthiopien. Dafür hat das Essen einen französischen Touch und ist ausgesprochen lecker. Und natürlich gibt es auch wieder den obligaten Supermarkt mit der Lindt-Schokolade.
Abgesehen von teuer ist Djibouti Stadt auch heiss und staubig. Und feucht, sehr feucht sogar. Ich glaube, das ist es auch, was diesen Flecken der Welt so unwirtlich macht. Hitze mit 40 Grad am Schatten und 80% Luftfeuchtigkeit lässt einen den ganzen Tag schwitzen. Egal ob man grad Auto fährt, eine Cola trinkt, auf dem Liegestuhl liegt oder Bananen kauft. Obwohl die Temperatur in Djibouti zwei bis drei Grad kühler ist als im Sudan, ist es wegen der hohen Luftfeuchtigkeit viel unerträglicher als im trockenen Sudan. Ich beschliesse, dass dieses Klima zu unangenehm für Übernachtungen im Taxi ist und gönne mir für den restlichen Aufenthalt klimatisierte Hotelzimmer.
Nach zwei Tagen Erholung am Pool verlasse ich Djibouti Stadt in Richtung Lac Assal. Auch dies ist wieder ein Salzsee und mit 143 Meter unter dem Meeresspiegel der tiefste Punkt auf dem afrikanischen Kontinent. Der See hat einen noch höheren Salzgehalt als das Tote Meer und ich geniesse die Floating-Erfahrung. Ein sehr cooles Gefühl. Im Gegensatz zum Toten Meer hat man hier aber den riesigen See für sich alleine. Weit und breit kein anderer Tourist in Sicht. Nur drei Anwohner haben sich eingefunden, welche Salzkristalle und –skulpturen verkaufen wollen. Die nächsten zwei Tage verbringe ich am Strand – an der Bucht von Tadjoura und geniesse das Meer. Dann aber habe ich genug von dem unerträglichen Klima und den unverschämten Preisen, welche mein Reisebudget auffressen und ich mache mich auf. Es geht wieder zurück nach Äthiopien.
Über die Schmugglerstrecke geht’s nach Dire Dawa. Dire Dawa ist die drittgrösste Stadt im Land und liegt im Osten Äthiopiens, nahe Djibouti. Hier ist alles zu finden, was illegal die Grenze überquert und dadurch die horrenden äthiopischen Importzölle umgeht. Vieles ist halb so teuer wie in Addis, einiges noch billiger. In der Stadt scheint es alles zu geben, was im restlichen Äthiopien nicht erschwinglich ist. Nur eines gibt’s nicht: Strom. Gerade ist der Strom in der gesamten Stadt ausgefallen. Für drei Tage. Wegen Bauarbeiten. Zum Glück hat mein Hotel einen Generator. Aber nach einem Tag scheint diesem der Diesel ausgegangen zu sein. Nebst einer handvoll Luxushotels wird die Geisterstadt nur noch durch Autoscheinwerfer erhellt. Eine unheimliche Atmosphäre und so verreise ich am nächsten Tag nach Harar. Diese alte muslimische Handelsstadt ist voller Geschichte. Es gibt eine Altstadt, welche an den Orient erinnert. Und sie ist voller Händler. Alles was nicht niet- und nagelfest ist, wird hier gehandelt. Harar ist eine willkommene Abwechslung zum restlichen Äthiopien und so bleibe ich hier drei Tage. Danach geht’s nochmals für einen Kurzbesuch ins regnerische Addis und dann ab in den Süden. Das Omo Valley mit seinen ursprünglichen Stämmen steht auf dem Programm. Danach geht’s entlang des Turkana-Sees nach Kenia. Mehr als 900 Kilometer Offroad-Strecke, ohne Tankstelle oder sonstiger Versorgung stehen mir bevor. Das wird wohl die grösste Herausforderung dieser Reise …
Auf dem Weg nach Djibouti
Nicht alle Trucks schaffen es
Mondlandschaft beim Lake Abbe
Hotspring – bei 40 Grad am Schatten nicht so willkommen
Afar-Nomaden
Die ersten Kamele in Sicht
Bucht von Tadjoura – selten habe ich so blaues Wasser gesehen
Der Lake Assal ist der tiefste Punkt in Afrika
Salzlandschaften beim Lake Assal
Salzstrukturen
Auf dem Weg zurück nach Äthiopien
Es gibt in Äthiopien sogar einen Zug – und die Passagiere reisen mitunter auf dem Dach
Eindrücke aus Dire Dawa
Kat-Markt – Droge Nummer Eins in Djibouti und Ostäthiopien
Freiluft-Buchhandlung
Eindrücke aus Harar
Getragen wird alles auf dem Kopf
Stoffhandlung – genauso bunt wie das Strassenbild
Bunt verzierte Gassen in Harar
Typisches Harari-Haus
Die berühmte Hyänen-Show in Harar – zum Mitmachen
Rund um Harar
Auf den Strassen kommt einem gerne mal eine Kamelherde entgegen
Kaum zu glauben, aber auch dies ist Äthiopien: Fast fertige Autobahn rund um Addis
Lukas,
vielen Dank für die netten Zeilen. Dank ihnen efährt man wieder, wie schön und reich die Welt an vielen unbekannten und unerwarteten Dingen ist.
Viel Erfolg auf dem weiteren Abenteuerweg!
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Kann man die Hyänen auch essen?
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